Reinstwasser
Für hochpräzise Anwendungen
Viele Industrien benötigen in diversen Produktionsschritten eine entscheidende Komponente: den Grundstoff Wasser. Dieser kann als Lösungsmittel für chemische Prozesse, Reinigungsprozesse, als Kühlwasser oder als Rohstoff für ein Endprodukt, z.B. in Lebensmitteln, Kosmetika oder Medizinprodukten, eingesetzt werden.
Dabei werden unterschiedliche Wasserqualitäten und -eigenschaften benötigt. Für manche Prozesse ist nicht unbedingt Trinkwasserqualität erforderlich, für andere wiederum ist Wasser der höchsten Reinheitsstufe unerlässlich.
Leitungs- oder Quellwasser als Ausgangsprodukt für gereinigtes Wasser enthält noch Salze, Keime, Mineralstoffe, Spurenelemente oder Fremdstoffe (industrielle Schadstoffe).
Die im Wasser vorhandenen Salze lösen sich in ihre Bestandteile auf und bilden positiv geladene Kationen (u.a. Calcium, Magnesium, Natrium, Mangan und Eisen) und negativ geladene Anionen (Chlorid, Nitrat oder Sulfat). Reinstwasser darf hingegen keinerlei Verunreinigungen oder gelöste Inhaltsstoffe mehr haben.
Strenge Anforderungen an Wasserqualität und Eigenschaften: Schadstoffgrenzen, Keimgehalt und Leitfähigkeit
Rohwasser - also unbehandeltes Wasser – kann aus verschiedenen Quellen stammen: Flüsse und Seen, als Grundwasser aus Brunnen oder Regenwasser.
In verschiedenen Schritten (Filtration, Enthärtung, Destillation, Entsalzung oder Desinfektion) wird das Wasser aufbereitet, bis es den gewünschten Reinheitsgrad erreicht, der durch Wasseranalysen ermittelt wird. Die Wasseranalytik unterscheidet zwischen physikalischen und chemischen Eigenschaften und Inhaltsstoffen zur Bestimmung des Reinheitsgrads. Wichtige physikalische Parameter sind der pH-Wert, die Leitfähigkeit oder die UV-Adsorption. Auf der chemischen Seite ist die Konzentration des gesamten organisch gebundenen Kohlenstoffs im Wasser (TOC-Wert) ein wichtiges Kriterium. Die Höhe dieses Wertes hat wiederum Einfluss auf die Leitfähigkeit des Wassers.
Nach Evaluierung aller chemischen und physikalischen Parameter wird das gereinigte Wasserprodukt einer Gruppe zugeordnet.
Eingruppierung nach Reinheitsgrad
Die Bestimmung der spezifischen Leitfähigkeit unterschiedlicher Wasserqualitäten geschieht bei einer Wassertemperatur von 25 °C. Sie wird in Mikro-Siemens pro Zentimeter (µS/cm) gemessen. Je niedriger die Leitfähigkeit, desto höher die Reinheit des untersuchten Wassers. Neben strengen Schadstoffgrenzen darf die spezifische Leitfähigkeit von Trinkwasser nach der Trinkwasserverordnung (TVO) beispielsweise 50 – 5000 µS/cm betragen.
Das als Ausgangsprodukt gewählte Leitungs- oder Quellwasser mit seinen gelösten Salzen kann durch Umkehrosmose in Osmosewasser aufbereitet werden. Bei diesem Filtrationsverfahren wird ein Druck, der höher ist als der osmotische Druck, auf die höher konzentrierte Salzlösung ausgeübt und das Wasser durch eine semipermeable Membran gepresst. Die Wassermoleküle wandern durch die Membran in eine niedriger konzentrierte Lösung. Die Membran ist nur durchlässig für Wassermoleküle, so dass Verunreinigungen und gelöste Feststoffe sowie viele Bakterien und Viren auf der Seite des größeren Drucks zurückgehalten werden. Da Osmosewasser frei von schädlichen Stoffen ist, wird es als Trinkwasser und z.B. in der Lebensmittel- und Getränkeherstellung verwendet.
Destilliertes Wasser wird durch Destillation gewonnen. Das Wasser verdampft und kondensiert dann als reines Wasser ohne Verunreinigungen wie Mineralien, Bakterien, Viren und gelöste Gase. Aquadest ist geeignet für Labore, medizinische Anwendungen, in der Batterieherstellung und in vielen Geräten, bei denen eine Verkalkung vermieden werden soll. Destilliertes Wasser sollte nicht getrunken werden.
Durch Behandlung mit Ionenaustauschern, Umkehrosmose oder durch Destillation entsteht dann Reinwasser. In dieser Kategorie findet man das nach dem Deutschen Arzneibuch (DAB) hergestellte gereinigte Wasser mit der Bezeichung „aqua purificata“, das zur Herstellung vieler pharmazeutischer Produkte genutzt wird. Es enthält noch Reste bestimmter Ionen, so dass seine spezifische Leitfähigkeit bei 1 – 50 µS/cm liegt. Ein weiteres Reinwasser, das nach der Klassifizierung des DAB als noch sauberer gilt, ist Wasser für Injektionszwecke (aqua ad injectabilia). Es gilt als steril und dient zur Lösung und Verdünnung aller Arzneimittel, die als Injektion oder Infusion verabreicht werden.
Vollentsalztes Wasser (VE-Wasser, oder Deionat) wird ebenfalls im Umkehrosmoseverahren oder über Ionentauscher produziert. Das Ionenaustauschverfahren sorgt für eine Demineralisierung des Wassers. Kationen werden gegen Wasserstoffionen (H+) getauscht und Anionen gegen Hydroxid-Ionen (OH-). Es entsteht VE-Wasser mit einer spezifischen Leitfähigkeit von 0,1 – 1 µS/cm. Allerdings werden organische Bestandteile sowie Viren und Bakterien durch das Ionen-Austauschverfahren nicht entfernt. Hierfür wäre noch eine Filtration notwendig. VE-Wasser ist nicht als Trinkwasser geeignet. Es wird als Spül- und Lösungsmittel in chemischen und biochemischen Laboratorien verwendet.
Reinstwasser oder hochreines Wasser ist die höchste Reinheitsstufe von Wasser. Seine Herstellung geschieht ausgehend von VE-Wasser über verschiedene zusätzliche Aufbereitungsschritte, u.a. durch den Einsatz weiterer Ionenaustauscher, Vollentsalzung, Ultrafiltration mit Aktivkohle als Adsorptionsmittel oder mittels Photooxidation zur Eliminierung von Keimen. Dadurch sind nur noch geringste Spuren an organischen Verbindungen, Mikroorganismen oder Elektrolyten enthalten, und die spezifische Leitfähigkeit von Reinstwasser liegt bei weniger als 0,1 µS/cm. Es ist als Lösungsmittel für Laborarbeiten geeignet, z.B. in der klinischen Diagnostik, in Zellkulturen, in der Spurenanalytik und in sensiblen Anwendungen in der pharmazeutischen Industrie, der Biotechnologie und der Halbleiterindustrie. Insbesondere in der Medizin muss Reinstwasser strenge Auflagen hinsichtlich des Nitratgehalts (< 0,2 mg/l) und des organisch gebundenen Kohlenstoffs (TOC < 0,5 mg/l) sowie bakterieller Endotoxine (< 25 ng/l) erfüllen. So wird es zum Spülen und Reinigen von Medizinprodukten und OP-Instrumenten verwendet, wodurch die Ausbreitung von Keimen und Silikat-Ablagerungen verhindert wird. Außerdem ist Reinstwasser ein wichtiger Grundstoff in der modernen Wasserstofftechnologie und kommt in Elektrolysesystemen, wie z.B. der PEM-Elektrolyse, zum Einsatz.
Hochgereinigtes Wasser (aqua valde purificata), das in der 9. Ausgabe des Europäischen Arzneibuchs (Ph. Eur.) noch aufgeführt wurde, findet mittlerweile keine Erwähnung mehr.
Hochwertige Materialien für Reinstwasseranwendungen
Durch das Entfernen jeglicher Salze wirken VE-Wasser und Reinstwasser hoch aggressiv gegenüber den meisten Werkstoffen. Diese Wasserqualitäten greifen herkömmliche Leitungen aus Messing oder Stahl an und lösen die darin enthaltenen Ionen aus den Metallen.
Deswegen müssen Armaturen für diesen Anwendungsbereich aus hochwertigem Edelstahl hergestellt werden, mindestens jedoch aus AISI 316L (1.4404). Je nach Branche können weitere Anforderungen hinzukommen: ADI-Free, FDA, UPS Class VI, öl- und fettfrei, silikon-/LABS-frei.
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